Nazi-Anschlag auf Geflüchtetenunterkunft in Postmoor: „Die Betroffenen schweigen nicht, sie werden ignoriert“

Pressemitteilung der Falken Niederelbe zum Überfall auf die Geflüchteten im Postmoor (14.08.18)

SJ – Die Falken Niederelbe·Dienstag, 14. August 2018
 
Zur Relativerung und Umdeutung eines fremdenfeindlichen Angriffs In der Nacht auf den 08.08.2018 wurde die Geflüchtetenunterkunft in Bliedersdorf Ziel eines koordinierten Angriffs. Ein Schauer Ziegelsteine traf das Haus und durchschlug mehrere Fenster. Danach stürmten die Angreifer die Unterkunft und griffen die Bewohner mit Messern an. Dann flohen sie. Eine Geflüchteter wurde, von Messern getroffen, stark blutend ins Krankenhaus eingeliefert.
Der Angriff selbst ist schon als schlimm genug anzusehen und eigentlich hatten wir nur vor dazu eine Solidaritätserklärung zu veröffentlichen. Die nachfolgende Entwicklung veranlasste uns nun aber diese PM zu verfassen, um daraüberhinaus auf eklatante Verfehlungen der Polizei und (Lokal-)Presse hinzuweisen. Wir standen seit der Tatnacht mit Bewohnern der Unterkunft und Zeug*innen des Vorfalls in Verbindung und die bisherigen öffentlichen Darstellungen stellen sich als unhaltbar dar.
 

 
Unsere Kritik beginnt bei der Polizei, da diese die einzigen zu sein scheinen, die überhaupt selbst zu dem Überfall recherchiert haben, während alle anderen Veröffentlichungen lediglich aus dem Polizeibericht zitieren. Äußerst problematisch erscheint die erfolgte selektive Wiedergabe von Zeugenaussagen (der Bewohner). So wurden zwar Täterbeschreibungen veröffentlicht, jedoch der Hinweis auf fremdenfeindliche Parolen ignoriert. Wir haben persönlich mehrfach mit den Zeugen des Vorfalls gesprochen, diese gaben u.a. den erfolgten Ausruf: „Ich ficke alle Ausländer!“ zu Protokoll. Auf Nachfrage wiesen sie daraufhin, dass dies auch den ermittelnden Beamten gegenüber ausgesagt wurde. Der Angriff wurde so seiner politischen, fremdenfeindlichen Dimension* beraubt, er wurde von Beginn an tendenziös dargestellt. Dem saß die Lokalpresse allzu schnell auf. Bisheriger negativer Höhepunkt war ein Artikel der „Kreiszeitung WOCHENBLATT“ unter dem Titel „Überfall auf Flüchtlingsunterkunft: Polizei geht nicht von Fremdenfeindlichkeit aus“, vom 10.08.2018. Nicht nur wird der ganze Ablauf bagatellisiert (Steine „gegen das Haus“ – statt durch die Fenster, „leicht verletzt“ – statt stark blutend im Krankenhaus), auch wurde das Narrativ der Polizei („Polizeisprecher Rainer Bohmbach sagt auf WOCHENBLATT-Nachfrage allerdings, dass nicht von einem fremdenfeindlichen Angriff ausgegangen werde.“) noch durch tendenziöse Fantasie ergänzt, sodass man nach alleiniger Lektüre dieses unsäglichen WOCHENBLATT-Artikels den Schluss ziehen müsste, hier handle es sich um einen krassen Fall von „Ausländerkriminalität“.
 
Fassungslos macht in diesem Kontext dann auch folgender Satz: „Die Betroffenen hüllen sich offenbar in Schweigen. “ Die Betroffenen schweigen nicht, sie werden ignoriert. Als wir vor Ort waren, waren sie jedesmal äußerst gesprächsbereit und gaben uns damit eigentlich erst den Anlass, diese PM zu schreiben. Die „Journalisten“ beim WOCHENBLATT scheinen es aber nicht für nötig zu halten, selbst vor Ort zu recherchieren und nutzen diese Tatsache sogar noch um sie gegen die Angegriffenen zu wenden. Und auch die Polizei gibt zwar Verlautbarungen der Betroffenen wieder, aber auch nur jene die ihre äußerst fragwürdige Ermittlungshypothese nicht in Frage stellen.
Wir fordern eine sofortige Richtigstellung seitens des WOCHENBLATT und eine Begründung der Polizei, warum die Zeugenaussagen derart selektiv wiedergegeben wurden. Für uns liegt der Verdacht nahe, dass hier im vorauseilenden Gehorsam unbequeme Auseinandersetzungen mit dem Thema „Fremdenfeindlichkeit“ und Gewalt gegen Geflüchtete in der Region ausgeklammert werden sollten. Seitens Teilen der Lokalpresse besorgt uns zudem die eklatante Missachtung grundlegendster journalistischer Standards. Zudem verweisen wir auf die von uns erstelle Chronik rechter Übergriffe in der Unterelberegion, deren schierer Umfang allen klarmachen sollte, wie drängend eine ernsthafte und konsequente Auseinandersetzung mit dem ausufernden Problem ist!
 
*Weitere starke Indizien für diese wären zudem das symbolträchtige Datum „8.8.“ (88 steht in der rechten Szene für „Heil Hitler“), sowie die Zerstörung und anschließendes Anzünden einer mit antifaschistem Graffiti bemalten Holzwand, am nahegelegenen Baggersee in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft – zeitlich, wie räumlich (das ergaben einige wenige Gespräche mit Anwohner*innen).
 
P.S.: Es gibt einen Unterschied zwischen Rassismus nationalsozialistischer Prägung, welcher einen „dunkelhäutigen“ Menschen vermutlicht wirklich in jeder Hinsicht ausgeschloßen hätte und „einfacher“ Fremdenfeindlichkeit, welche auch ohne konsequenten Verweis auf Rasse & Ethnie auskommt. Einige schwarze AfD’ler sind doch ein schönes zeitgenössisches Beispiel für letzteres.
 

 

(Quelle: Falken OV Niederelbe, Facebook-Auftritt: https://www.facebook.com/notes/sj-die-falken-niederelbe/pressemitteilung-der-falken-niederelbe-zum-%C3%BCberfall-auf-die-gefl%C3%BCchteten-im-post/2134862623419227/)

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