Der Saal war gut gefüllt, rund 230 ZuhörerInnen waren dem Veranstaltungsaufruf gefolgt. Was sie zu hören bekamen, waren die tiefen Abgründe und somit die dunklen Seiten dieses in Teilen bereits ausgehebelten Rechtsstaates.
Eingeladen hatte – mit uns Falken – ein breites Bündnis aus Organisationen, Initiativen und Gewerkschaften.
Der Referent: Rolf Gössner, seines Zeichens Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rechtsanwalt, Publizist, Herausgeber diverser Streitschriften, die sich mit Entwicklung und Zustand von Bürgerrechten und Demokratie in der Bundesrepublik auseinandersetzen.
In seinem ca. 55-minütigen Vortrag ging es neben seiner eigenen, über 38 Jahre währenden Verfolgungsgeschichte auch um die von Bodo Ramelow, Mitglied und Abgeordneter der Linkspartei. Dessen Überwachung durch den Verfassungsschutz wurde in letzter Instanz vom Bundesverwaltungsgericht – mit staatsautoritärer Argumentation – bestätigt. Dabei ging es gar nicht um dessen Verfassungstreue, die nicht in Zweifel stand, sondern um die von bestimmten Gruppen innerhalb der Linkspartei, die vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Um deren Entwicklung und Einfluss umfassend beobachten zu können, dürfe auch der Partei-„Funktionär“ Bodo Ramelow ausgeforscht werden. Ein unglaublicher Vorgang der Instrumentalisierung einer als verfassungstreu geltenden Person zu staatlichen Überwachungszwecken…
Rolf Gössner konnte in seinem Vortrag deutlich machen, dass die zweifelhafte Rolle des Inlandsgeheimdienstes in letzter Konsequenz selbst verfassungsfeindlich ist. In beiden bekannten Fällen geht es eben nicht um den Schutz der Verfassung, sondern um die Aushöhlung von demokratischen Grundrechten.
Im Überwachungsfall Rolf Gössner ist dies seit Anfang des Jahres auch gerichtlich festgestellt. Zwar ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da das Bundesamt für Verfassungsschutz die Berufung gegen das Urteil beantragt hat. Aber schon jetzt steht fest: Gössners Überwachung fußt in Gänze auf nicht haltbaren Vorwürfen und ist einzig seinem unnachgiebigen Engagement für Grundrechte und Demokratie geschuldet, das eben auch vor einer Kritik am Vorgehen der Geheimdienste nicht halt macht.
Die dubiosen geheimen Methoden des Verfassungsschutzes führten in dem Verfahren dazu, dass der überwiegende Teil der Personenakte, die über die Jahre über Gössners Aktivitäten zusammengestellt wurde – es handelt sich um gut 2000 Seiten – weder dem Kläger noch seinem Anwalt, noch nicht einmal dem entscheidenden Verwaltungsgericht in Köln offen gelegt wurde. Einzig der Bundesgerichtshof konnte in einem parallelen geheimen "In-camera"-Verfahren Einblick nehmen. Es hatte zu entscheiden, ob die Offenlegung des Materials eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland und seiner Interessen darstelle. Es entschied gegen die Offenlegung! (siehe hierzu auch das taz!-Interview mit Rolf Gössner vom 03.02.2011)
An den Vortrag von Rolf Gössner schloss sich eine engagierte Diskussion der ZuhörerInnen an, die eines offen zeigte: Die Machenschaften des "Verfassungsschutzes" werden von der Öffentlichkeit kritisch verfolgt und nicht gutgeheißen. Die Berechtigung für einen nicht kontrollierten und wohl auch nicht zu kontrollierenden Inlandsgeheimdienst wird massiv hinterfragt und Lösungen dieses Problems noch am ehesten in seiner Abschaffung gesehen.
Wir werden versuchen an dieser Stelle noch einen Podcast mit Auszügen aus dem Vortrag zu veröffentlichen.
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