Der NSU-Prozess – Die II.te

Mitten in den Semesterferien (vorlesungsfreie Zeit) baten wir den Nebenklageanwalt, Yavuz Narin, für eine 2. Vortragsveranstaltung nach Lüneburg. Die erste Veranstaltung vor fast genau 4 Moaten, die im InfoCafé „Anna&Arthur“ stattfand, war mit rund 70 Besucher*innen so überlaufen, dass viele Zuhörer*innen dem Vortrag mindestens im Stehen folgen, wenn sie nicht sogar vor der Tür bleiben mussten.

Diesmal referierte Yavuz Narin vor rund 30 Zuhörer*innen im Hörsaal 2 der Uni.

Er schilderte, wie im letzten Vortrag, warum er gerade diesen Prozess so engagiert bearbeitet. Und auch, welchen staatlichen Repressionen er, als Rechtsanwalt, seit Jahren ausgesetzt war und ist.

Gleichzeitig kann Yavuz Narin aber auch auf etliche eigene, aber auch mit einem Netzwerk an Jurist*innen und Investigativjournalist*innen gemachte Recherchen zurückblicken, für die er von den Sicherheitsbehörden zunächst verlacht oder angezweifelt wurde, die ihm aber nun nach Jahren Recht geben mussten. Überregionale Medien griffen ihn oftmals an, stellten seine Darstellungen in Zweifel. Nicht selten schon Wochen später mussten sie kleinlaut zurückrudern und seine Recherchen bestätigen.

Über diese –fast schon persönlichen– Hintergründe hinaus wurde klar, dass Vieles, auch staatliches Handeln in den Sicherheitsapparaten, allen voran in den Verfassungsschutzämtern der Länder und des Bundes, im Zusammenhang mit dem NSU-Terror nicht mit rechten Dingen zuging – oder gerade doch mit den RECHTEN DIngen?!

Ein Detail was jetzt zum Ende des Prozesses für Unmut sorgt, ist die Verschleppung des Abschlusses durch die Verteidigung von Ralf Wohlleben: Seine aktuellen Bewährungen laufen noch bis Anfang Juni 2017. Ziel seiner Verteidigung ist es, die Urteilssprechung mit aberwitzigen Beweis- und Befangenheitsanträgen über dieses Datum hinaus zu verzögern, um eine Einbeziehung dieser Bewährungsvorstrafen in die aktuell zu erwartende hohe Freiheitsstrafe in diesem NSU-Verfahren unmöglich zu machen.

Der 3 stündige Vortrag von Yavuz Narin hat den Finger tief in die bundesrepublikanische Sicherheit und ihre Behörden, bis hin zu den Ermittlungsbehörden gelegt. Und auch wenn sich bei den meisten Zuhörer*innen –neben Kopfschütteln– tiefe Zweifeln an der Rechtstaatlichkeit rund um das NSU-Verfahren einstellte, so überzeugt Yavuz Narin doch mit einer tiefen Überzeugung und einem Glauben an eben diese Rechtstaatlichkeit. Er tut alles in seiner Macht stehende, um dieses hohe Gut der Demokratie mit allen Mitteln zu verteidigen, auch oder gerade wenn dadurch Amts- und Würdenträger*innen, die es beschädigen wollen, angegriffen werden.

Ein besonderer Dank gilt auch der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen, die nicht nur sehr aktuelle Informationen auf ihrem gut sortierten Büchertisch bereit hielten, sondern durch eine Gedenkgalerie mit Fotos, den Opfern des rechten Terrornetzwerkes ein Gesicht gaben.

Da wir diesmal keine Audio-Aufnahme des Vortrags gemacht haben, möchten wir auf den freie-radios.net-Beitrag vom 21.02.2017 verweisen, in dem Radio Corax mit dem Prozessbeobachter und Berichterstatter der Freien Radios, Fritz Burschel, ein Interview führt.
Wir haben diesen Beitrag im Player über diesem Beitrag eingebunden. Danke an Radio Corax, Danke an Fritz Burschel für seine unermüdliche Dokumentation!

Außerdem haben wir zusätzlich das Audio der November-Veranstaltung mit Yavuz Narin erneut in einem Player eingebunden, zum Nachhören…

Nachtrag: 21.03.2017: Als Drittes haben wir einen Beitrag von Radio Corax von gestern Abend mit eingebunden…

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