Die Feier im Forum des Bleckeder Gymnasiums war eines 130. Geburtstags wirklich würdig. Die von der AG Juden in Bleckede, der Kurt-Löwenstein-Schule Bleckede, dem Bleckeder Freundeskreis Literatur in der Region e.V. und dem Kultur– und Heimatkreis Bleckede und Umgebung e.V. organisierte Feier war gut besucht. Neben dem Landrat, Manfred Nahrstedt ehrte auch der Bürgermeister der Stadt Bleckede, Jens Böther und der Schulleiter der nach dem sozialistischen Reformpädagogen benannten Schule in Bleckede, Gerhard Bothmann, den großen Sohn der Stadt, Kurt Löwenstein.
Durch den Abend führte Erika Tipke vom Bleckeder Freundeskreis Literatur in Bleckede e.V. Für den überaus schönen, musikalischen Rahmen sorgten die Flötistinnen Stefanie Herzer und ihre Tochter Gesa.
Den Hauptvortrag hielt Kay Schweigmann-Greve von den Falken aus Hannover.
In seinem knapp einstündigen Referat mit dem Titel „Zwischen Schulreform und Kinderrepublik – zum 130. Geburtstag des Reformpädagogen Dr. Kurt Löwenstein“ umriss der Redner das Leben und Wirken Kurt Löwensteins von dessen Geburt in Bleckede über seine Kindheit, bis hin zu seinem Tod, kurz vor seinem 54. Geburtstag im Mai 1939 in Paris.
Für ein Schmunzeln im Auditorium sorgte ein kleines Detail im Leben dieses kreativen Reformpädagogen: Es war die Wiedergabe des am 29. April 1911 zwischen seiner Frau Mara Kerwel (1891-1962) und ihm geschlossenen Ehevertrags. Darin heißt es:
„§ 1. Am 1. April 1911 schließen die beiden Unterzeichneten aus freiem Entschluße einen auf Liebe gegründeten und in jeder Beziehung gleichberechtigten und gleichverpflichtenden Ehebund.
§ 2. Die beiden Kontrahenten führen, solange der Bund besteht, für sich und ihre aus diesem Bunde entstehenden Nachkommen den Gemeinschaftsnamen Kerlöw.
(Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung – Archiv der sozialen Demokratie)
Für die bei der Veranstaltung anwesenden Falken aus Lüneburg und Hannover sicher am interessantesten, waren die Ausführungen Schweigmann-Greves zu den pädagogischen Ansätzen und Maximen Löwensteins. Bilden sie doch nach wie vor in den als Kinderrepubliken organisierten Zeltlagern und in der Gruppenpädagogik des Jugendverbands wichtige Grundpfeiler. Auch in der Auseinandersetzung zwischen der formalen Schulbildung und dem Stellenwert der non-formalen oder informellen, außerschulischen Bildung sind diese Ansätze aktueller, denn je!
Denn in Zeiten der Verstetigung von Ganztagsbeschulung darf der Wert von freien, selbstbestimmten Formen der Aneignung und Teilhabe der Welt keinesfalls vergessen werden – so wie es derzeit zeitweise in der Bildungs(wahn)diskussion um Schule wirken mag.
Lernen und Bildung findet eben ganz und gar nicht nur IN Schule statt, sondern nach wie vor vor allem außerhalb!
Wir Falken bedanken uns ganz ausdrücklich beim Bleckeder Freundeskreis Literatur in Bleckede e.V. und hier vor allem bei Erika Tipke, sowie bei unserem Genossen Kay Schweigmann-Greve für diesen wichtigen und äußerst interessanten Abend.
Kurt Löwenstein
Am 18.05.1885 wurde der Pädagoge Dr. Kurt Löwenstein geboren. Seit 1920 Mitglied des Reichstags und Leiter des städtischen Bildungswesen in Berlin setzte er sich für nach Einkommen gestaffelte Schulgelder, Schulspeisung und Arbeiter-Abiturkurse ein. Als Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde, der größten laienpädagogischen Organisation der Weimarer Republik, entwickelte er Konzepte für eine an Demokratie, Gleichberechtigung der Geschlechter und dem solidarischen Miteinander der Völker orientierte Pädagogik. Nachdem er einem Mordversuch entgangen war ging er 1933 ins Exil nach Paris. Bis zu seinem Tod am 8. Mai 1939 war er Vorsitzender der Sozialistischen Erziehungs-Internationale.
Ein Blick in die Geschichte sozialistischer Jugendarbeit macht die traditionell hohe Bedeutung gemeinsamer Aktivitäten im Rahmen von Jugendgruppen deutlich, die sich bis zur Gründung der ersten Arbeiterjugendorganisationen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen lassen.
Ob bei den Lehrlings- und ArbeiterInnenjugendgruppen während des Kaiserreichs oder bei den Kinderfreunden und der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) in der Weimarer Republik: Die Gruppe war stets die wichtigste Form der Jugendarbeit. Kurt Löwenstein, der die sozialistische Kinder- und Jugendarbeit intensiv geprägt hat, betrachtete die Gruppenarbeit als Basis der sozialistischen Erziehung. Sie war von Anfang an nicht nur Ort der geselligen Freizeitgestaltung sondern auch Ort der Erziehung zur Demokratie.
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