Greenpeace deckt auf: Masterplan der CDU für unendliche Laufzeiten von AKW!

Zitat aus dem Greenpeace-Blog:

„Der Atom-Masterplan der CDU

18. Februar 2010 · von  Heinz Smital

“Das Papier datiert vom August 2009 – doch sein brisanter Inhalt ist aktueller denn je. Was verharmlosend als „Strategie- und Schrittfolgepapier Kernenergie“ betitelt wurde ist nichts geringeres als die Blaupause für den Ausstieg aus dem Atomausstieg und eine Endlos-Verlängerung der Laufzeiten auch für die ältesten Schrottreaktoren.“

Zum Originalartikel im Greenpeace-Blog…

Jetzt anmelden für das Kinderzeltlager 2010!!!

StockbrotSelber machen ist genial!

So lautet das Motto unseres Kinderzeltlagers vom 26.06.-09.07.2010 bei Bad Seegeberg für Kinder von 6-12 Jahren.

Wir Falken garantieren jede Menge Spaß, Bewegung und ein anspruchsvolles inhaltliches Programm und in diesem Sommer wollen wir gemeinsam in Schleswig-Holstein zelten. Wir würden uns freuen, wenn DU mitkommst!!!

Download des Flyers…
Download der Anmeldung…

mehr lesen… >

Da habt ihr es: Hartz IV muss neu berechnet werden!

Die Regelsätze gewähren kein menschenwürdiges Existenzminimum, so die Richter des BVerfG. Die Falken kritisieren das schon lange.

Die Bundesregierung muss die Bemessung der Regelleistungen im Rahmen der sogenannten Hartz-IV-Gesetze korrigieren. So die Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Der Kinder- und Jugendverband SJD – Die Falken begrüßt dieses Urteil:

„Wir fordern schon lange, dass die speziellen Bedürfnisse und Wünsche von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden müssen!“ erläutert der Bundesvorsitzende Sven Frye die Position des Verbandes. „Junge Menschen wollen an Freizeitaktivitäten teilnehmen, suchen den Austausch mit Gleichaltrigen, interessieren sich für Musik und Kultur, wollen mobil sein und haben ein Recht auf gebührenfreien Zugang zu Bildungsangeboten. Kinder und Jugendliche sind selbständige Persönlichkeiten mit besonderem Entwicklungsbedarf. Wir müssen die jungen Menschen als Subjekt ernst nehmen und in ihren Bedürfnissen respektieren.“ so Frye weiter.

Die politischen EntscheidungsträgerInnen dürfen nun nicht den Fehler machen, einfach nur neue Regelsätze in das alte Gehäuse einzubauen. PolitikerInnen sollten sich stattdessen in den Dialog mit den jungen Menschen begeben, um zu verstehen, was deren Bedürfnisse sind. Nur so kann eine sinnvolle Grundlage für die Berechnung erstellt werden. Durch die prozentuale Kürzung des Regelsatzes der Erwachsenen ist ein Regelsatz für die ‚Kurzen’ jedenfalls nicht zu errechnen.

„Das System Hartz ist ein Fehler!“ bringt Frye seine Kritik auf den Punkt. „Wir brauchen eine armutsfeste Grundsicherung für Kinder und Jugendliche, die neben der bestmöglichen Entwicklung auch gesellschaftliche Teilhabe garantiert.“

Genau diese Inhalte sind in der vor mehr als 20 Jahren von den Vereinigten Nationen beschlossenen Kinderrechtskonvention verankert. Deshalb empfiehlt die SJD – Die Falken der Politik, endlich die ernsthafte Umsetzung der Kinderrechte anzugehen. Beginnend mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz, in Artikel 2, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

* * * * *

Hintergrund:

Die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Kindern und Jugendlichen. Mit den Falken können Kinder und Jugendliche Mitbestimmung und Selbstorganisation erleben, ins Zeltlager fahren, politisch aktiv werden oder sich als Freiwillige in der Gruppenarbeit engagieren. Ein wichtiger Aspekt ist die Internationale Begegnung mit Partnerorganisationen in der ganzen Welt.

Schule macht Kinder kaputt!

Nun ist es amtlich: Eine Studie der Leuphana, offenbar in Auftrag gegeben durch die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) ist just veröffentlicht und bestätigt die Vorbehalte gegen die schulische Olympiade. Die erleben wir seit den diversen PISA-/Iglu- und-so-weiter-Studien. Unsere Befürchtungen: Kinder leiden im zunehmenden Maß am System Schule, das sich immer weiter hinter Testereien, Leistungsermittlungen, Schulinspektionen und dergleichen versteckt. Leider ist offenbar mit den aussagekräftigen Studien über das deutsche Bildungssystem lediglich die Bildungsfolterkammer geöffnet worden. Fortschrittliche Schul- und Bildungsansätze finden nur punktuell Gehör.

Hier ein Auszug aus der Veröffentlichung der Leuphana:

„Studie zu Schulstress erschienen

19. Januar 2010 Sie sind gereizt, können schlecht schlafen und klagen über Schmerzen: Jeder dritte Schüler in Deutschland berichtet von regelmäßigen Stress-Symptomen. Das ergab jetzt eine aktuelle Studie des Instituts für Psychologie und des Zentrums für Angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG) de Leuphana Universität Lüneburg im Auftrag der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK). Betroffen sind vor allem Mädchen. 40 Prozent der Schülerinnen haben mehrmals in der Woche psychosomatische Beschwerden. Befragt wurden 4.500 Jungen und Mädchen im Alter von zehn bis 21 Jahren an 15 Schulen in vier Bundesländern. (…)“

…mehr lesen…

Gastkommentar: Zu CDU-Röttgens Vor-/Rückstoß zum Thema Laufzeitverlängerung


Diskussion zum Atomausstieg;

verschiedene Beiträge in der SZ am 6. und 8. Februar 2010

Daß Herr Röttgen am Atomausstieg festhalten will, ist löblich. Aber er sollte dafür bessere und glaubwürdigere Gründe nennen als „die gesellschaftlichen Widerstände gegen die Atomkraft“ (SZ am 06.02). Wann hätte sich die Union jemals viel um „gesellschaftliche Widerstände“ geschert? Etwa beim Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr? Oder bei der abenteuerlichen Steuerpolitik der Koalition?
Nicht wegen der „gesellschaftlichen Widerstände“ gehören Atomkraftwerke abgeschaltet, sondern wegen der Tatsachen, die dem gesellschaftlichen Widerstand zugrunde liegen.
Atomkraftwerke gehören abgeschaltet, weil
  • sie schon im Normalbetrieb zu Leukämieerkrankungen in der Umgebung führen,
  • es keinen Schutz vor einem schweren Unfall mit Millionen von Toten und Krebskranken gibt,
  • kein Atomkraftwerk wirksam gegen einen Terroranschlag gesichert ist,
  • die deutschen Atomkraftwerke täglich mehr als eine Tonne hochradioaktiver Abfälle erzeugen, für die es kein sicheres Endlager gibt,
  • die australischen und kanadischen Arbeiter, die das für den Betrieb unserer Atomkraftwerke benötigte Uran bergmännisch abbauen, unter Bedingungen ausgebeutet werden, die nach Aussagen von Fachleuten einem Völkermord gleichkommen.
  • die Lebensräume der dort lebenden indigenen Völker durch den Uranbergbau verwüstet und radioaktiv kontaminiert werden.
An diesen Argumenten sollte sich ein Minister orientieren, wenigstens dann, wenn er das Wort „Christlich“ im Namen seiner Partei ernst nimmt.


Kommentar: Wieder einmal hat die Politik einer gewissen Partei bewiesen, dass man sie einfach nicht ernst nehmen kann!

Die selbst ernannte „Volkspartei der Mitte“, auch bekannt als CDU, bewies am gestrigen Abend weder die eigenen Inhalte und Ziele verstanden, noch das Vermögen zu haben schlüssige Argumente anführen zu können, geschweige denn Fragen des Publikums zu beantworten! Hat es nur den Anschein dass sie dies auch gar nicht wollen oder ist es wirklich so?

Anwesend waren als Vertreter der CDU der Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols und die Stadtverbandsvorsitzende Evelin Tiedemann, die Moderatoren Julian Schwarz und (???? ) sowie ca. 40 interessierte Jungendliche aber auch einige Erwachsene. Diese Veranstaltung ist als Podiumsdiskussion mit besagten Vertretern der Partei und eine Informationsveranstaltung über eben diese für Schüler ausgelegt.

Es hat den Anschein als wenn die beiden Vertreter der Christlich-Demokratischen-Union der Auffassung wären, sie könnten in den nächsten 2 Stunden die CDU darstellen, wie sie diese gerne hätten. Schade nur, dass sie die Einzigen mit dieser Erwartung an diesem Abend sind.

Die Einführung in die Partei fängt dann auch sogleich mit einer Entschuldigung Evelin Tiedemanns an dass Frauen nun mal veranlagt seien leiser zu sprechen und Frauen ja leider immer noch benachteiligt und diskriminiert sein würden in der heutigen Gesellschaft! Jedenfalls : sie braucht ein Mikro, anders hat sie wohl Angst als Frau nicht gehört zu werden!

Aber mal wirklich, nach diesem Abend möchte ich die CDU noch weniger „erhören“ als schon zuvor!!

Naja, und um nun die Frauen zu fördern wird eine Frauen-Union eingeführt und alles wird gut! Schönes Festhalten an der Geschlechtertrennung! Eckhard Pols meint nun, es ganz dringend nötig zu haben die Bedürfnisse der Frau darstellen zu müssen! „Die Frau will das… und die Frauen brauchen doch jenes…“ Weia, haben wir da etwas verpasst?

Oooha, ein Durchschnittsalter von 60 Jahren in der CDU ? Da scheint sich doch wieder zu spiegeln wie wenig die CDU begeistern kann.

Nun soll die Diskussion losgehen. Das Thema Bildung macht den Anfang!

„Es gibt Parteien die viel fordern und es gibt eine Partei die etwas getan hat und das ist die CDU!“ sagt Eckhard Pols.

Mittlerweile bin ich endgültig davon überzeugt im falschen Film gelandet zu sein! Wenn ich mir ernsthaft derartiges anhören muss oder auch, dass das jetzige, das dreigliedrige Bildungssystem, das beste sei, was es momentan weltweit geben könnte, dann … weiß ich auch nicht, ich bin sprachlos!

Was ich bis heute nicht kapiert habe ist, wie Frau Tiedemann die Aussagen, dass man das Leben als ein Spiel betrachten soll, wir als Schüler ruhig mit unserer Eisenbahn spielen sollen, und das G8-System erhalten werden soll, vereinbaren will, gibt sie doch beides als wichtig an!

Ein einziges Mal wird jetzt sogar ein Fehler der Politik eingestanden: man hätte wohl doch besser die Lehrpläne entrümpeln sollen, bevor man die 12 Jahre einführt! Aber warum ist das dann nicht längst schon geschehen??

Aller spätestens jetzt müssen die beiden realisiert haben dass sie hier kaum einen legeren Werbeblock durch bekommen! Fragen über Fragen werden gestellt und wenn, dann zu den Kommentaren und Nachfragen des Publikums applaudiert!

Und wirklich aller spätestens jetzt wird deutlich, dass keiner von beiden in der Lage ist, oder sein will, unsere Fragen wirklich zu beantworten!

Nächstes Thema: Umwelt! Hier kochen Emotionen hoch, hier wird heiß diskutiert! Welch heuchlerische Haltung wenn Eckhard Pols sagt : „Wir haben auch vor Kopenhagen schon einiges in Bewegung gebracht.“

Als auf Nachfragen meinerseits die Antwort kommt „ Ich möchte das hier gar nicht so vertiefen!“ dann frage ich mich ob da tatsächlich Angst aufkommt. Angst vor dem Zugeben von Unwissenheit und Angst vor dem Zugeben von Überforderung! Ja, das wäre peinlich als Bundestagsabgeordneter!

Aber wenigstens ehrlich!

Gibt er doch an, auf die Frage hin warum die Atomkonzerne nicht die Endlagerung selber finanzieren, dass dies eine weitere Verteuerung des Stroms bedeuten würde! Aber interessiert es den Bürger ob er Steuern für die Entlastung der Lobbyisten zahlt oder teureren Strom kaufen muss? Letztendlich macht dies vermutlich keinen großen Unterschied.

Zudem scheint nicht bewusst zu sein, dass Atomstrom lediglich aufgrund horrender Subventionierungen durch den Staat so günstig ist! Ansonsten wäre Oköstrom gar billiger als dieser. Mit dieser, eigentlich gar nicht so komplexen, Verknüpfung scheint er tatsächlich überfordert zu sein!

Und nun das dritte Thema, die Sicherheits- und Außenpolitik! Ja, eine gute Frage: Wieso kann die CDU-Regierung nicht einfach zugeben dass sich Deutschland im Krieg befindet? Wo die CDU sich doch als ehrlicher als andere Parteien gerieren will, wie sie es im Bezug auf die Atomstromproblematik von sich behauptet!

Schade, das kann ich nun leider nicht erfahren, ich muss los! Die Bildung ruft! Lernen, lernen, lernen um sich dann zu fragen: Was tue ich hier eigentlich?

Gorleben: Der Schleier lüftet sich…

Der Schleier lüftet sich: Zweifel an Gorleben schon 1981 regierungsoffiziell

BI Umweltschutz: “Gorleben eignet sich bestenfalls als Endlager für den Verfall der politischen Redlichkeit”
An der Eignung Gorlebens als nukleares Endlager hatten die Bundes- und die niedersächsische Landesregierung erhebliche Zweifel. Das geht aus einem Vermerk des zu jener Zeit – für Niedersachsen – federführenden Sozialministeriums vom 3. Juli 1981 hervor.

mehr lesen…

Gorleben: Neue Aktenfunde…

Neue Aktenfunde in Sachen Gorleben – BI Umweltschutz: “Gorleben wurde durchgezockt: Das Jahr 1981 – ein Missing Link”

Kundgebung in Krümmel und Umzingelung des Schwarzbaus Gorleben angekündigt: Noch vier Jahre nach der Standortbenennung Gorlebens im Februar 1977 forderte die Bundesregierung unter Helmut Schmidt (SPD) eine Erkundung mehrerer Standorte als nukleares Endlager. Das berichtet die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf eine Kabinettsvorlage. Gegen den Willen der SPD/FDP-Koalition hatte der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht nur einen einzigen Standort für ein Nukleares Endlager (NEZ) gesetzt: Gorleben.

mehr lesen…

Uranhexaflourid freigesetzt

Ein Mitarbeiter „leicht“ verletzt

Gronau. Wir erst gestern bekannt wurde, ist bereits vorgestern beim Hantieren mit dem Grundlagenstoff zur Produktion von Brennelementen, dem so genannten Uranhexaflourid (UF6) ein Unfall passiert. Ein Arbeiter hatte ein vermeindlich leeres und ausgewaschenes Fass mit Uranhexaflourid geöffnet. Dabei ist er nach Angaben der Betreibergesellschaft Urenco in Gronau leicht verletzt worden. Es wurde bei ihm Uran im Urin nachgewiesen. Urenco sagte zunächst, es sei keine Radioaktivität an die Umwelt abgegeben worden. Später räumte sie ein, dass doch „etwas“ an die Außenwelt abgegeben wurde. Allerdings so wenig, dass nur die Messeinrichtungen auf dem Gelände es wahrnehmen konnten.
Direkt nach Bekanntwerden des Unfalls kam es zu einer Spontandemonstration von zahlreichen AtomkraftgegnerInnen vor der Anlage.
Urenco steht bereits seit einigen Jahren in der Kritik unsaubere Atommüll-Geschäfte mit Russland zu praktizieren.
Uranhexaflourid ist in Verbindung mit Wasser hochexplosiv. Bereits an der Luft reagiert das Gas und es entsteht Flussäure. Vermutlich ist der betroffene Arbeiter auch verätzt worden.
Der Zwischenfall zeigt einmal mehr, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist!
Weitere Informationen zum Beispiel beim WDR:
http://www.wdr.de/themen/panorama/27/gronau_zwischenfall/

„Das Imperium schlägt zurück“

Vorausverfügung der Publik-Forum-Redaktion

Honorarfreier Nachdruck bei sauberer Quellenangabe in EXAKT folgender kompletter Form gestattet:

_____________

Nachdruck aus Publik-Forum Nr. 1 / 2010 vom 15.1.2010, Seite 18


Politik & Gesellschaft

Das Imperium schlägt zurück

Wie Hessens Konservative verhinderten, dass aufmerksame Finanzbeamte und die politische Opposition mächtige Wirtschaftsinteressen stören. Ein Beispiel für den Missbrauch von Macht

Von Wolf Wetzel

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es im Grundgesetz. Was allerdings passiert, wenn das Volk mächtigen Wirtschaftsinteressen in die Quere kommt, zeigte sich in den vergangenen Jahren in Hessen: Die siegreiche Opposition wird angefeindet; Finanzbeamte, die die Finanzströme der Mächtigen kontrollieren, werden zum Psychiater geschickt.

Besonders schockiert waren die Mächtigen vom Ergebnis der hessischen Landtagswahlen im Winter 2007: Die SPD wurde mit ihrer Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti stärkste Partei. Doch Ypsilanti hatte ein Problem: Um ohne CDU und FDP regieren zu können, war sie auf eine Tolerierung durch die Partei Die Linke angewiesen. Genau dies hatte sie vor der Wahl ausgeschlossen – in der Hoffnung, so den Einzug der Linken in den Wiesbadener Landtag verhindern zu können. Um dennoch rot-grüne Politik machen zu können, brach sie ihr Wort und handelte ein Tolerierungsabkommen mit der Linkspartei aus.

Linker Putsch? In der deutschen Geschichte gab es schon viele Wortbrüche, ohne dass diese den jeweiligen Parteien geschadet hätten. Doch dieses Mal passierte etwas Ungewöhnliches: Eine parteiübergreifende Koalition aus Wirtschafts-, Partei- und Medienunternehmen fand sich zusammen, um den »linken Putsch gegen den Wählerwillen« zu verhindern.

Natürlich ist ein Wortbruch keine Kleinigkeit. Doch inzwischen wissen Beobachter, worum es wirklich ging: Einige Programmpunkte der geplanten rot-rot-grünen Regierung störten einflussreiche Wirtschaftsinteressen und milliardenschwere Unternehmen in Hessen derart, dass sie keinen Hehl daraus machten, mit allen Mitteln eine Umsetzung der »wirtschaftsfeindlichen« Programmpunkte zu verhindern: Nach dem Willen von Andrea Ypsilanti sollte die Nordbahn am Flughafen erst gebaut werden, wenn die Gerichte über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses entschieden hätten. Also kein Sofortvollzug. Zudem sollte das älteste Atomkraftwerk in Biblis stillgelegt und der Ausbau regenerativer Energien zügig vorangetrieben werden – mit dem SPD-Solarpapst Hermann Scheer als Wirtschaftsminister.

Wie wenig der alten Elite aus Politik und Wirtschaft diese Forderungen schmeckten, zeigt sich daran, dass die am 18. Januar 2009 gewählte CDU-FDP-Koalition die Pläne der Rot-Grünen sofort revidierte: Der Flughafen soll mithilfe des »Sofortvollzuges« ausgebaut werden und das Kernkraftwerk Biblis am Netz bleiben.

Erfolgreiche Steuerfahnder. Doch diese politischen Prioritäten erklären noch nicht, warum das Establishment vor allem der CDU einen Regierungswechsel in Hessen geradezu fürchtete. Dazu muss man das »Banken-Team« im Finanzamt Frankfurt V kennen. Es handelt sich um Staatsdiener im besten Sinne: Marco Wehner war einer jener Frankfurter Steuerfahnder, die gegen den ehemaligen Schatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, ermittelten – das dunkelste Kapitel der Hessen-CDU. Es ging um über zwanzig Millionen Mark, die als illegale »Kriegskasse« für Parteizwecke genutzt wurden, und unter anderem in der Liechtensteiner Stiftung Zaunkönig anonymisiert, also gewaschen wurden.

Das Banken-Team ermittelte aber auch wegen Steuerhinterziehung gegen Großbanken: »Stapelweise Belastungsmaterial fand das Team bei Commerzbank und Deutscher Bank. Sie hatten Kunden geholfen, Geld vor dem Fiskus zu verstecken. 250 Millionen Euro zusätzlich aus Steuernachzahlungen der Banken verbuchte das Land Hessen wegen der Erfolge der Finanzbeamten, rund eine Milliarde der Bund«, schrieb die Frankfurter Rundschau.

Doch nicht nur millionenschwere Privatkunden wurden via Transferkonten hiesiger Großbanken in Steueroasen geschleust. Auch Großfirmen wie Siemens nutzten diesen Schleichweg, um Schmier- und Bestechungsgelder über Liechtensteiner Konten außerbilanziell abzuwickeln. Deren Firmengelände in Offenbach und Erlangen wurden polizeilich aufgrund des Vorwurfes durchsucht, zwischen 1999 und 2002 mindestens sechs Millionen Euro Bestechungsgelder im Zusammenhang mit Auftragsvergaben an damalige Manager des italienischen Stromkonzerns Enel gezahlt zu haben. Im November 2006 teilte die Münchner Staatsanwaltschaft mit, Verantwortliche bei Siemens hätten sich »zu einer Bande zusammengeschlossen« und sich an der »Bildung schwarzer Kassen im Ausland« beteiligt. So stand es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Doch der Umstand, dass die kriminellen Wege des Geldes von Parteien, Banken und Großfirmen gemeinsam beschritten wurden, schweißte diese offenbar zusammen: Schon 2001 hatte das Finanzamt Frankfurt auf Anweisung des hessischen Finanzministeriums die Verfügung erlassen, nur noch Geldtransfers ins Ausland zu untersuchen, die die Summe von 500 000 Mark überstiegen. Damit wurden Geldtransfers unterhalb dieser Grenze für »steuerrechtlich unverdächtig eingestuft«, was einer Aufforderung gleichkommt, in Zukunft Steuerhinterziehung in gestückelten Teilbeträgen zu praktizieren.

Archipel Gulag. Steuerfahnder befürchteten, dass damit ein verfolgungsfreies Schlupfloch geschaffen werden sollte. Daraufhin wurde das in Gang gesetzt, was später als das System »Archipel Gulag« bekannt werden sollte. Zuerst versuchte man die unliebsamen Steuerfahnder durch Versetzungen zu disziplinieren: »Ein Teil von ihnen wird in die ›Servicestelle Recht‹ versetzt, eine Geisterstation«, so der Stern: »Man nannte die Servicestelle Recht behördenintern auch ›Strafbataillon‹ oder ›Archipel Gulag‹.«

Schließlich löste man die ganze Abteilung auf. Doch anstatt sich im »Strafbataillon« zu bewähren, klagten einige Betroffene gegen die Disziplinarverfahren (und gewannen diese Prozesse später).

Doch dann passierte etwas, was man weder in der Oberfinanzdirektion noch im hessischen Finanzministerium für möglich gehalten hätte. Im Sommer 2003 solidarisierten sich fast fünfzig Steuerfahnder mit den »Aussätzigen« und verfassten einen Brief an Ministerpräsident Roland Koch: »Wir sind Steuerfahnder und Steuerfahndungshelfer des Finanzamts Frankfurt V und wenden uns an Sie, weil wir begründeten Anlass zu der Sorge haben, dass die Steuerfahndung Frankfurt am Main ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden kann, weil Steuerhinterzieher nicht in gebotenem Maße verfolgt werden können.«

Der Brief wurde nicht abgeschickt. Einige Unterzeichner hatten es mit der Angst zu tun bekommen. Dennoch gelangten der Brief und die Amtsverfügung aus dem Jahr 2001 in die Öffentlichkeit. Ein Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag wurde eingerichtet. Dank der Mehrheit von CDU und FDP im Untersuchungsausschuss verlief alles im Sande; dennoch schwelte die Affäre weiter. Im September 2004 erhielt Ministerpräsident Roland Koch auf dem Dienstweg ein Schreiben des Steuerfahnders Rudolf Schmenger, in dem dieser Führungskräften der hessischen Finanzverwaltung »Fälle von Strafvereitelung im Amt, falsche Verdächtigung, Verletzungen des Steuergeheimnisses, Verletzung des Personaldatenschutzes, Mobbing und Verleumdung« vorwarf und diese anzeigte.

Ab zum Psychiater. Jetzt reichte es nicht mehr, die aufsässigen Fahnder von brisanten Fällen abzuziehen, jetzt musste man sie als potenzielle Zeugen unglaubwürdig machen. Mitte 2006 bekam Schmenger eine Aufforderung der Oberfinanzdirektion, sich medizinisch begutachten zu lassen. Es ist kein normaler, dafür ein außerordentlich zuverlässiger Arzt, der ihn untersuchen sollte: der Psychiater Thomas Holzmann. Nach Auskunft der Landesregierung begutachtete dieser seit Oktober 2005 exakt 22 Fälle in der Finanzverwaltung – in zwei Dritteln dieser Fälle sei er zum Urteil »Dienstunfähigkeit« gelangt.

Auch im Falle Schmenger war sein Gutachten vernichtend: »Da es sich bei der psychischen Erkrankung um eine chronische und verfestigte Entwicklung ohne Krankheitseinsicht handelt, ist eine Rückkehr an seine Arbeitsstätte nicht denkbar und Herr Schmenger als dienst- und auch als teildienstunfähig anzusehen.«

Man beließ es nicht bei diesem Exempel, sondern ließ weitere Steuerfahnder von Thomas Holzmann begutachten. Die Begründungen könnten auch aus einem Frankenstein-Film stammen: Aufgrund »paranoid-querulatorischer Entwicklung (…), in deren Rahmen Herr M. unkorrigierbar davon überzeugt ist, Opfer groß angelegter unlauterer Prozesse zu sein«, schrieb Psychiater Thomas Holzmann auch andere Finanzbeamte dienstunfähig.

Man war auf der Zielgeraden der Psychiatrisierung von »unliebsamen« Zeugen angelangt. Denn nun stand ihrer Zwangspensionierung nichts mehr im Weg.

Es ist der Hartnäckigkeit der zwangspensionierten Steuerfahnder zu verdanken, dass nach fast acht Jahren Risse im System »Archipel Gulag« auftreten: Im November 2009 verurteilte das Verwaltungsgericht Gießen den Psychiater Thomas Holzmann wegen fehlerhafter und »vorsätzlich« falsch erstellter Gutachten über hessische Steuerfahnder zu einer Geldbuße von 12 000 Euro und erteilte einen Verweis. Denn, so das Gericht: »Weshalb der Gutachter von vornherein die vom Probanden geschilderten Ereignisse (…) für wahnhaft, also nicht der Realität entsprechend bewertet, ist an keiner Stelle des Gutachtens dargelegt und erschließt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang.«

Wenn man die Wortbruchkampagne als ersten Schlüssel versteht und das System »Archipel Gulag« als zweiten Schlüssel hinzunimmt, dann kann man ein Depot öffnen, dessen Inhalt für die Demokratie beunruhigender nicht sein könnte: Ein aufeinander abgestimmtes Räderwerk aus politischen Mandatsträgern, Leitungspersonen aus Finanzämtern und dem hessischen Finanzministerium sowie von »Leistungsträgern« aus Banken und Großfirmen sorgt dafür, dass möglicherweise Wahlen verloren gehen können, aber nie die Macht.

Quelle / Copyrights by:
Publik-Forum Nr. 1 o 2010 vom 15.1.2010, Seite 18
Redaktion und Verlag
Postfach 2010
D-61410 Oberursel

Redaktion/Zentrale 06171[7003-0
(Fax -40) Abo-Betreuung 0617117003-14 (Fax -46)

Abo@Publik-Forum.de
www.publik-forum.de